„Stolpersteine“ – Mahnmale gegen das Vergessen
Mit seinen „Stolpersteinen“, die vom Künstler selbst am letzten Wohnort der Opfer verlegt werden, soll die Erinnerung an die Vertreibung und Vernichtung von Juden, politisch Verfolgten, Zigeunern, Homosexuellen, Zeugen Jehovas und Euthanasieopfern lebendig erhalten bleiben.
Nach über zwei Jahren, in denen intensiv nach den in Frage kommenden Opfern recherchiert wurde, konnte die Verlegung der sechs „Stolpersteine“ am 28.01.2011 endlich realisiert werden. Die Verlegestellen befinden sich in Wissen in der Maarstraße, Rathausstraße (Bereich Regiobahnhof), Im alten Gymnasium und dem Felsenweg, außerdem in Katzwinkel in der Knappenstraße (Ecke Dr. Alfred-Reichmann-Straße) und können dort besichtigt werden.
Es wurden Stolpersteine für folgende Personen verlegt:
(Jude)
geb. am 08.04.1897
deportiert 29.09.1944
ermordet 1944 im KZ Auschwitz
Hermann Kubalski:
(Zeuge Jehova)
JG. 1892
Verhaftet 31.08.1936
Deportiert 15.01.1938
7 Jahre inhaftiert im KZ Buchenwald“
Familie Bär:
(Juden)
Ernst Bär
geb. am 22.06.1900
1938 geflohen vor dem Nationalsozialismus
Johanna A.L. Bär
geb. Bernstein
geb. am 24.12.1908
1938 geflohen vor dem Nationalsozialismus
Heinz Bär
geb. am 30.12.1930
1938 geflohen vor dem Nationalsozialismus
Liebmann Hony:
(Jude)
geb. am 02.06.1862
deportiert 15.06.1942
ermordet am 07.03.1943 im KZ Theresienstadt“
Artur Seligmann:
JG 1920
deportiert 1941
Tot in Riga
Zeitgeschichtlicher Beitrag
Rainer Thiel aus Mudenbach, dessen Großvater Friedrich Wilhelm ein guter Freund des jüdischen Bürgers Liebmann Hony gewesen ist, lieferte freundlicherweise interessante Unterlagen, die das Leben in Wissen während des Naziregimes dokumentieren.
Unter anderem liegt dem Archiv der Verbandsgemeinde Wissen ein Beschluss des Gau-Gerichtes Koblenz-Trier aus dem Jahre 1937 vor, aus dem ein für heutige Zeiten unfassbares Urteil hervorgeht.
Der Wissener Bürger Friedrich Wilhelm, zum damaligen Zeitpunkt Amtsinspektor i. R., war gemeinsam mit dem jüdischen Bürger Liebmann Hony in dessen Auto von Eupel nach Wissen gefahren. Hony hatte seinen Bekannten freundlicherweise mitgenommen, da dieser von einem plötzlichen Gewitterregen überrascht wurde. Dieses „Vergehen“ wurde bekannt und vom Gau-Gericht Koblenz-Trier den damaligen Vorschriften entsprechend geahndet.
Hier ein Auszug aus dem Beschluss:
„(…) zu seiner Entlastung trägt der Angeschuldigte vor, er sei an dem Tage, an welchem er mit dem Juden gefahren sei, durch einen Gewitterregen überrascht und durchnässt worden. Er habe mit dem Zug nach Hause fahren wollen. Der Jude sei gerade des Weges gekommen und habe ihn zur Mitfahrt eingeladen. Er sei bedenkenlos eingestiegen und erst unterwegs seinen Fehler gemerkt. Er sei 65 Jahre alt, habe 11 Kinder und sei mit dem Juden über zwanzig Jahre zusammen in der freiwilligen Sanitätskolonne gewesen. Aufgrund der Hauptverhandlung hat das erkennende Gericht für erwiesen erachtet, dass der Angeschuldigte ohne Überlegung seinen Fehltritt begangen hat. Durch seine Fahrlässigkeit hat er in erheblichem Maße gegen die Bestrebungen der NSDAP verstoßen (…). Strafmildernd wurde berücksichtigt, dass der Angeschuldigte bereits 65 Jahre alt ist und 11 Kinder hat (…). Eine Verwarnung mit dreijähriger Amtsaberkennung erschien daher als ausreichende Sühne (…).